Venezuela, August / September 2018
Schon lange hegten wir den Traum, auf unserer Reise auch das Land Venezuela zu besuchen.
Logischerweise ist man von den ganzen tragischen Berichten, den Flüchtlingsströmen und den Erzählungen geflohener Einheimischer schockiert und eingeschüchtert.
Trotz alledem liess uns das Land nicht mehr los und wir wagten am 24.8.18 den Schritt nach Venezuela einzureisen.
Trotz der schweren Lage in der sich die Menschen dort befinden, empfingen sie uns mit offenen Armen und waren echt dankbar, dass zwei Touristen sich in ihr Land verirren.
Selbstverständlich versuchten wir möglichst vielen etwas abzukaufen, sie als Guide zu angaschieren, oder sie einfach nur in unserem Tier von a nach b zu transportieren.
Was wir zum Teil zu sehen bekamen war echt schockierend, leere Regale in den Supermärkten, 80% sind sowieso geschlossen, Kilometer lange Schlangen bei den Tankstellen und die traurige Wahrheit der tausenden flüchtenden Menschen.
Hier ein Auszug aus unserem Tagebuch:
Wir kamen an eine Grenze, die echt ein Trauerspiel bot….. hunderte von flüchtenden Menschen und wir schwammen als einzige gegen den Strom…
Es war sehr mühsam aus Brasilien aus-/ und nach Venezuela ein zu reisen, dass unser Vorhaben beinahe zum Scheitern verurteilt war. Aber dank
Mimos managen der diversen Behördengänge und Druck auf die Beamten ausüben, schafften wir es nach sieben Stunden und mit einem sehr mulmigen Gefühl, nach Venezuela einzureisen.
So gegen 18.00 Uhr kamen wir in Santa Elena, in der Posada Los Pinos an, wo wir campen durften. Wir entschieden uns noch zum Backpackers zu laufen, einer Agentur für Roraima Touren, welche wir von reisenden anno 2015 empfohlen bekommen haben. Die Agentur dann leider aber nicht mehr existent.
Die Besitzer von Los Pinos halfen uns dann am nächsten Tag mit dem suchen einer anderen Agentur. Agentur wurde gefunden, die sehr netten Besitzer kennengelernt und wir entschlossen uns den Trip mit ihnen zu machen…. da dieser aber erst in einer guten Woche los ging, hatten wir noch genügend Zeit die Gran Sabana auf eigene Faust zu erkunden….
Zuerst stand aber Diesel suchen und einkaufen auf dem Plan. Die Diesel Odyssee dauerte dann aber zwei Tage. Hunderte von wartenden Fahrzeugen auf den Strassen zu den Tankstellen und die einzige nicht kostenlose Tanke an der Grenze hatte kein Diesel mehr. Also versuchten wir in der Zwischenzeit in den leeren Regalen, der noch übriggebliebenen Geschäften, etwas einzukaufen. Was sich ebenfalls als äusserst schwierig erwies. Was es noch gab war schweine teuer, Früchte und Gemüse kurz vor dem verfaulen und so etwas wie Fleisch musste man erst gar nicht suchen.
Man muss sich einmal vorstellen, die Inflation hatte zu diesem Zeitpunkt die 1 Million % erreicht…. Unfassbar !!!
Bei diesen Preisen nicht vorstellbar, dass der staatlich festgelegte Mindestlohn pro Monat 1 USD entsprach.
Wer kein Zugang zum illegalen Devisenhandel hat, kann nur hungern oder fliehen.
Ein arbeitsloser Touristenführer sprach uns auf der Strasse an und berichtete von den glorreichen Zeiten und dass er seit unglaublichen 3 Jahren kein europäischen Touristen mehr in Santa Elena gesehen hat.
All die Touristen, die die Roraima Tour noch machen sind zum überwiegenden Teil Brasilianer. Zu 100% werden alle Roraima Besteiger an der Grenze abgeholt und ihre einreise Formalitäten von den oftmals Brasilianischen Agenturen für sie abgewickelt, ebenso werden sie nach der Tour auf direktem Weg zurück nach Brasilien begleitet….. so auch jene vier die später mit uns das Roraima Abenteuer bestritten.
Dann aber endlich, nach ewigem warten, sahen wir einen Tanklaster zur Grenze fahren... sofort nahmen wir die Verfolgung auf… Diesel wurde an der internationalen Tanke abgeladen…. aber es hiess… Tanken sei erst morgen möglich… wollen die uns verarschen ??? nach diversen Diskussionen mit dem Militär, ( man muss nämlich wissen, alles ist im Besitz und kontrolliert vom Militär ) klappte es dann aber doch noch und unsere erste Tankfüllung war gesichert.
Nun konnte es aber endlich in die lang ersehnte Gran Sabana gehen.
Was diese Region zu bieten hat, ist einfach unglaublich… unzählige Wasserfälle, klarste Flüsse und natürlich das grosse high light, die Tafelberge, die ältesten Steinformationen der Welt.
So genossen wir einige traumhafte Wildcampingtage an den schönsten Orten :) wir machten Lagerfeuer, schwammen im glasklaren Wasser und genossen spektakuläre Aussichten auf die Tafelberge. Diese Schönheit hat uns wieder mal so richtig die Sprache verschlagen. Es war uns nicht bewusst, dass es nach dieser langen Reisezeit, an so vielen hammer Orten, möglich ist, wieder einmal etwas ganz neues zu entdecken.
Es hat uns so gut gefallen, dass wir nach unserer Roraimatour gleich nochmals für ein paar Tage in die Gran Sabana düsten :)
Roraima, September 2018
Der Roraima, ein sagenumwobener Tafelberg in der bezaubernden Gran Sabana von Venezuela.
Man stelle sich einmal vor, diese Gebirgsformation entstand vor über zwei Milliarden Jahren und gehört damit zu den ältesten Bergen der Welt. Über Jahrmillionen ist dort, durch mehrere hundert Meter hohe Steilwände vom darunterliegenden Urwald getrennt, eine eigene Welt entstanden. Diese zum Teil anmutende Mondlandschaft, beherbergt Tiere und Pflanzen, welche zu unglaublichen 80% endemisch sind, kommen also nur dort oben vor.
Als wir dann zum ersten Mal von diesem Zauberberg gehört haben, stand für uns fest, da müssen wir hoch.
Steckbrief :
Tafelberg in Venezuela / Name in der Indigenen Sprache; Tepui Roraima / Entdeckung 1884 / Höhe 2810m / Nacht 5° kalt / eines der regenreichsten Gebiete der Erde mit 6m pro Jahr / Länge der Wanderung; 8 Tage / Distanz; 92km / lästigstes Übel; die Kriebelmücken namens Puri Puri
Tag 1
Easy going, Anfahrt von Santa Elena mit dem Toyota nach Paraitepui, einem Dorf mit traumhaftem Blick auf den Roraima und Startpunkt der 8 tägigen Wanderung. Wir wurden mit leckerem Essen, von den Indigenen des Stammes der Penom verwöhnt und nächtigten in den einfachen Hütten des Dorfes.
Tag 2
Sonnenaufgang geniessen und kräftig Frühstücken. Dann ging es aber wirklich los auf die 7- stündige Tageswanderung durch die Gran Sabana, immer mit der Hoffnung einen grossen Ameisenbären zu sichten. Wir durchquerten zwei Flüsse und richteten unser erstes Lager am Ufer des Flusses, unter nervenden Puri Puris, ein.
Tag 3
Morgens dann, Traumsicht auf den Kukenan und unser Ziel den Roraima.
Im Moskitospray von Kopf bis Fuss gebadet, machten wir uns auf zum Basiscamp.
Das Lager zwei befand sich direkt unterhalb der Steilwand. Ehrfürchtig betrachteten wir unseren morgigen Aufstieg über die sogenannte Rampe, zum Hochplateau des Tepuis. Im strömenden Regen und mit Wasser im Zelt, fielen wir in einen tiefen Schlaf.
Tag 4
Nach einem wunderschönen und trockenen Morgen, ( ausser im Zelt ) begann der Aufstieg wieder in eintretendem Regen. Es war wirklich eine Tortur, wir rutschten im Mud herum, angelten uns auf allen vieren den Felsen hoch und durchquerten zwei Wasserfälle. Mimo war so in Rage wegen des anhaltenden Regens, dass sie Abi mehrmals verfluchte, der diesen Trip unbedingt machen wollte. Wir haben aber dank ihr, bestimmt eine neue Reckortzeit in der Besteigung des Roraima aufgestellt. Endlich oben angekommen, richteten wir unser Lager, unter einem zum Glück vom Regen geschützten Felsvorsprung ein.
Nun begann der klägliche Versuch, die nächsten Tage, unsere Schuhe und Kleider zu trocknen.
Todmüde aber überglücklich schlüpften wir in unsere Penntüten und verkrochen uns in unser Zelt.
Tag 5
Mit triefend nassen Socken, ging es in eiskalte patschnasse Schuhe, an die Kante, um den magischen Moment des Sonnenaufgangs zu erleben.
Danach folgte eine Monster Tageswanderung zum Dreiländereck Venezuela Brasilien und Guyana.
Das Hochplateau des Roraima, ist eine von der Natur geschaffene bizarre Skulpturenlandschaft. Wir entdeckten Fingernagel kleine Frösche, Orchideen, fleischfressende Pflanzen und vieles mehr.
Auch diese 11- stündige Wanderung, welche wir erst im Dunkeln beendeten, wurde durch Unmengen Wasser von Oben begleitet.
Tag 6
Wir bestiegen den höchsten Punkt des Tepuis, namens Maverik. Die Aussicht von dort Oben war einfach atemberaubend schön. Weiter ging es zum sogenannten Tal der Kristalle…also alles in allem, ein sehr entspannter Tag, bis auf die leider immer wieder heftigen Regenfälle.
Tag 7
Nach einem wunderschönen letzten Sonnenaufgang an der Kante, begann der Abstieg von dem magischen Berg. Es ging vorbei am Basislager, abermals durch die zwei Flüsse und nach 8- stündigem Marsch kamen wir, man kann es kaum glauben, ohne Regen und zum ersten Mal trocken an unserem Tagesziel an.
Tag 8
Mit bleiernen Beinen machten wir uns auf unser letztes Teilstück, zurück zum Dorf Paraitepui. Mit Schmerzen im ganzen Körper, aber überglücklich über das erlebte und geschaffte, ging es auf der Holperpiste zurück nach Santa Elena.
Der Roraima ist eine echte Herausforderung, da die Wetterbedingungen wirklich extrem sind und die Wanderung nichts für Weicheier ist. Wir sind stolz und überglücklich, dass wir diese Herausforderung angenommen haben und dieses einmalige Fleckchen Erde gesehen haben.
Unser Rückblick auf Venezuela
Tage : 20 gefahrene Distanz : 863 km
Ein grosses Danke an die Menschen in Venezuela, welche uns trotz den riesen Problemen im Land, mit offenen Armen empfangen haben.
Ein Dank an die Natur und den magischen Roraima.
Wir sind sehr froh, dass wir das Wagnis eingegangen sind und Venezuela besucht haben…. Es hat sich wirklich gelohnt und wir würden es auf jeden Fall wieder tun.