Irak, April 2023
Schutzeskorte nach Bagdad
Die Einreise in den Irak löste bei uns schon ein leicht mulmiges Gefühl aus. Viel Gutes hört man ja nicht über dieses Land und dass wir die ersten Tage durch das immer noch nicht ganz sicherere Gebiet von West-Irak, permanent von einer Militär oder Polizei Eskorte begleitet wurden, machte die Sache nicht unbedingt entspannter. Wir wurden aber von den Escort Truppen, welche sich ca. all 50-60km wechselten unglaublich freundlich behandelt und so löste sich der Knoten in unserem Magen doch ziemlich rasch auf. Man muss sich mal vorstellen was für ein unglaublicher Aufwand die Iraker betreiben, uns zwei Schweizer, wie auch andere Ausländer, absolut kostenlos und nur auf unserer Sicherheit bedacht, hunderte von Kilometer durch das unstabile, immer noch vom IS terrorisierte Gebiet zu bringen. Der Anblick der Wüstenlandschaft mit all seinen gesprengten Brücken stimmte uns schon etwas nachdenklich und so war es auch nicht verwunderlich, dass wir in dieser Gegend ausser dem Militär und der Polizei keine Menschenseele zu Gesicht bekommen haben.… bis Bagdad…
Bagdad, April 2023
In Bagdad durften wir auf einem gesicherten Parkplatz eines Eventparkes campen und lernten im Handumdrehen die unglaubliche Freundlichkeit der Iraker kennen und lieben. Selten haben wir so viel bedingungslose Freundlichkeit erfahren dürfen wie im Irak. Die Menschen freuten sich riesig über unseren Besuch in ihrem Land und waren oft extrem erstaunt, uns hier zu sehen. Wir konnten nichts machen ohne sofort eingeladen, beschenkt oder mit Freude überschüttet zu werden. Nur ein Beispiel aus vielen; als wir ein Taxi am Strassenrand anhalten wollten, hielt einfach eine Privatperson an und führte uns einen ganzen Tag zu den tollsten Sehenswürdigkeiten in Bagdad. Bezahlen dafür durften wir unter allen Umständen keinen Rappen, sei es fürs Mittagessen, für Getränke, eine Burka für mich, um die Schreine zu besuchen, geschweige denn für das Benzin und alles weitere…(wir versuchten es verzweifelt, aber das grenzte schon fast an eine Beleidigung). Nein, obendrein wurden wir eingeladen bei der Familie von Haider zu nächtigen und konnten nur unter viel Protest am nächsten Tag wieder weiter ziehen. Wir lieben es nicht gerade in fremden Häusern zu schlafen und man kann sich ja denken, wie einfach der Grossteil der Lokalbevölkerung Iraks lebt, aber dieser herzlichen Familie konnten wir das einfach nicht ausschlagen und eine Nacht auf dem Fussboden überleben auch unsere alten Knochen noch J. Wir freuen uns sehr auch im Irak Freunde fürs Leben gefunden zu haben. Wir sind sehr berührt, dass wir in einem Land das Gebeutelt und Geknebelt, von zwei Golfkriegen vom IS terrorisiert, zerstört und im Chaos und Müll versunken dasteht, dass wir so eine unglaubliche Gastfreundlichkeit in jedem Moment unserer Tage erleben durften. Nicht das andere Länder nicht auch freundlich wären… aber so , so etwas aus vollem tiefem Herzen, gab es bis jetzt für uns genau einmal auf unserer Reise und das war in El Salvador… auch dies ein Land wo man gerne kein gutes Haar dran lässt.
Samarra
Mit unserem guten Gefühl im Gepäck entschieden wir uns, es nicht bei Bagdad und sofort ab zur Grenze des Irans zu belassen, sondern noch etwas weiter das Land zu erkunden. Angefangen mit einen Abstecher nördlich von Bagdad nach Samarra . Was nämlich auch absolut einzigartig ist im Irak, ist das wir alles an Moscheen und sogar die heiligen Schreine des Landes besuchen durften (Schreine sind eine Art Tempelanlage wo das heiligste der Muslime aufbewahrt wir, nämlich die Gebeine eines Imam). Da es im Irak sozusagen keine Touristen gibt, gibt es auch keine Regeln und so sind die heiligsten Gebeins Kammern, wo sich die Muslime betend und manchmal auch weinend an die Gitterumfriedung klammern, für uns nicht tabu. In anderen Ländern wie dem Iran ist das bestenfalls mit Führer möglich… aber richtig abtauchen in der Menge der Lokals wie im Irak ist absolut unmöglich…. Und so zogen wir uns das volle Programm rein… ich immer in den Frauenbereichen und Abi bei den Männern…
Karbala
Auch das liessen wir uns nicht entgehen. Der heiligste aller Schreine im Irak, den Imam Hussain Schrein in Karbala… hier kommen am Todestag des Imam von der ganzen Welt, am meisten Menschen auf einen Schlag zusammen unfassbare 20 Mio. man stelle sich vor, sogar mehr als beim Hadsch nach Mekka. Und so machten wir uns auf, vorbei an zerstörter Landschaft mit Strassen die fortlaufend gesäumt sind mit den unzähligen Fotos der Gefallenen Kriegssoldaten, Richtung Süden.
Es war beeindruckend, gigantisch und absolut surreal zugleich… Wir besuchten Karbala an einem normalen Tag und trotzdem war es die grösste Menschenansammlung an einer Pilgerstätte die wir je erlebt haben und ehrlich gesagt trotz friedlicher Stimmung bekam ich, ganz im Gegensatz zu Abi, im Frauenbereich wo die Hälfte des Würfels mit den Gebeinen steht, echt mal kurz Platzangst.
Najaf
Zu Abschluss der heiligen Schreine Iraks, besuchten wir noch die Imam Ali Moschee in Najaf und waren ein weiteres Mal komplett geflasht von dieser Szenerie die sich uns an so einem Ort bot… Abzutauchen in andere Kulturen ist es warum wir Reisen und etwas das uns extrem fasziniert. Auch wenn wir nicht die gleiche Gesinnung haben nehmen wir von allem was uns auf der Welt begegnet etwas mit. Und was wir vom Islam mitnehmen, ist das Gegenteil von dem was man bei und denkt, nämlich eine riesengrosse Toleranz anderen Menschen gegenüber, Respekt und eine unfassbar grosse Gastfreundschaft.
Für uns war der Irak ein kulturelles wie auch menschliches Highlight und wir sind extrem froh dagewesen zu sein.
Mit dem Irak verlassen wir nun den arabisch sprechenden Raum und werden als nächstes in den Iran, in das Land der Perser in dem Farsi gesprochen wird, weiterziehen.
Tage: 9 gefahrene Distanz: 1`454 km